Von himmelb(l)auen Tangenten und goldenen Sekanten
Das Präsentieren war in meinem Architekturstudium von großer Bedeutung. Am Ende eines jeden Semesters mussten wir fünf, sechs Entwürfe präsentieren und unsere entwickelten Ideen und – hoffentlich – ausgefeilten Konzepte zu dem gewählten Thema vorstellen. Häufig hing auch die Note von diesem einen Tag, von dieser meist nur knappen halben Stunde ab. Nach der Projektvorstellung hatte man Fragen zur Verfügung zu stehen. Und die bohrendsten Fragen kamen meist von den Studienkollegen, nicht von den Professoren.
Was ich dabei gelernt habe
Allen voran: Um ein Konzept schlüssig und überzeugend zu vermitteln muss ich selbst vollkommen hinter meiner Idee stehen. Mein Konzept so intensiv durchdenken, dass ich mich perfekt darin auskenne und nicht ins Stolpern gerate. Oder gar ins Zweifeln. (In der Konzeptfindung darf ich zweifeln, besser formuliert: hinterfragen. Das hilft mir auf dem Weg der Ausarbeitung meiner Idee, meine Linie zu finden.)
Wie schaffe ich das? Ich beobachte meine Ideen von Beginn an, begleite meinen Entwurf quasi wie eine dritte Person. Im Studium diente mir dazu mein Skizzenbuch. Darin wurden alle Entwicklungsschritte festgehalten.
Punkte, an denen mein Ideengebilde angreifbar ist, versuche ich von vorn herein zu stabilisieren. Ich versuche, Antworten auf noch nicht gestellte Fragen zu formulieren. Um mein Projekt erfolgreich zu vermitteln muss ich klar in meiner Darstellung sein. Am besten einfach, reduziert, auch gerne mal provokant, wenn es dazu passt.
RECHERCHE ist ein enorm wichtiger Teil deines Erfolgs.
• Betrachte deine Idee, dein Projekt sorgfältig von allen Seiten.
Je stärker dein Konzept, desto weniger wird es durch Kritik beeinträchtigt. (was nicht heißt, das andere daran keine Kritik üben könnten)
• Schäle den Kern deiner Aussage heraus.
Arbeite daran wie ein Steinmetz, der einen groben Steinblock vor sich hat und am Ende eine feingliedrige Skulptur daraus geschaffen hat.
• Sei auf Kritik und Nachfragen aus dem Publikum gefasst. Überlege dir schon im voraus, wo nachgehakt werden könnte. Das verschafft dir Sicherheit. Du durchdenkst dein Thema automatisch von mehreren Seiten. Denn:
„Improvisation ist, wenn keiner die Vorbereitung merkt!„
Architekten machen sich viele Gedanken, wohin wiehoch warum weshalb sie ihr Gebäude platzieren. Abgesehen von den Bauvorschriften, die von vornherein Beschränkungen auferlegen. Du aber hast die vollkommene Freiheit, wenn du deine Folie bestückst. Wieso du dir dazu am besten ein einheitliches Raster zugrunde legst haben wir in der letzten Lektion besprochen. Auch die Drittelregel hast du schon gelernt:
☞ Platziere deine Elemente nicht wie so oft voreingestellt in der Mitte. Du kannst mit Asymmetrie mehr Aufmerksamkeit erregen. Symmetrie, auf einer Mittelachse aufgereiht, war im Barock üblich. Der Betrachter empfindet das zwar als harmonisch, aber es langweilt auch schnell und wird selten überraschen.
Nach dem Verständnis des Architekten und Stadtplaners Wolf D. Prix vom renommierten Büro Coop Himmelb(l)au ist ein Hochhaus, genau auf der Achse aufgereiht, leblos. Sekanten und Tangenten dagegen schaffen DYNAMIK. (BMW-Welt in München!). Wie ein „Streifschuss“.
Das Lenbachhaus in München liegt städtebaulich zwar an der Achse Königsplatz – Hofgarten. Jedoch nicht darauf, sondern tangiert die Achse nur. Sichtbar wird der neue Anbau von Sir Norman Fosters nun deshalb, weil er seinen Baukörper in Richtung Brienner Straße schiebt. So gelingt ihm, ohne im Mittelpunkt, auf der Achse zu stehen, trotzdem dort alles Augenmerk auf sich zu ziehen.
Architecture is an expression of values. – Sir Norman Foster
• Arbeite mit KONTRASTEN. Kontraste sind fesselnd. Wir sind alle darauf programmiert, Unterschiede wahrzunehmen. Kein Licht ohne Schatten. Auch die starke Wirkung der Schwarz-Weiß-Fotografien ist darauf zurückzuführen. Kontrast verleiht dem Design Energie.
• Verwende gerne eine auffällige Farbe (z.B. rot, orange) zu ansonsten neutralen zurückhaltenden (schwarz, weiß, grau). Setze die leuchtende Farbe aber sparsam ein, dadurch wirkt sie um so intensiver.
• Erzeuge Kontraste durch nah und fern, durch klein und groß. Du musst dazu keine 3D-Symbole nutzen. Allein die Größe und Anordnung erzeugt Tiefe (Vordergrund – Hintergrund) und wirkt allemal überzeugender als ein 3D-Element aus der Clip-Art Bibliothek.
• Durch die Schriftwahl können Kontraste erzeugt werden: Serifen- und serifenlose Schriff, fett und mager, gerade und kursiv.
Kontraste kannst du auch gedanklich verstehen: Problem – Lösung; Vergangenheit/ Zukuft, etc. Bsp.:
☞ Stelle deinen Zuhörern ein Problem vor.
☞ Skizziere im nächsten Schritt die Ursachen, die du dafür gefunden hast.
☞ Zeige dann, wie und warum du das Problem gelöst hast.
Zusammengefasst:
Setze KONTRASTE ein – damit erzeugst du DYNAMIK.
Verstärke Kontraste ruhig: Wenn etwas anders ist, dann lass es SEHR anders aussehen.
Je markanter Ihre Präsentation aussieht, desto mehr Leute werden sich daran erinnern. Noch wichtiger: Sie werden sich an Sie erinnern.
– Paul Arden